<慶應義塾大学>慶應-学振コロキウムのご案内
Einladung zum Keio-JSPS-Kolloquium


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Rahmen des vom Germanistischen Seminar der Keio-Universität geleiteten JSPS-Projekts „Human Project“ möchten wir Sie herzlich zu einem Sonderkolloquium einladen mit dem Thema:

„Diskurse der Heterotopien in der mittelalterlichen Literatur Europas“
Referenten:
Prof. Dr. Uta Störmer-Caysa (Universität Mainz)
Prof. Dr. Atsuko Iwanami (Universität Keio)
Dr. Jun Yamamoto (Universität Tokyo)
Mag. Yuko Katayama (Universität Keio)
Prof. Dr. Yoshiki Koda (Universität Keio)

Datum: Sonntag, 07. November 2010
Zeit: 9.00 – 12.00 Uhr
Ort: Keio-Universität (Mita), Minami-Kan, Raum 2051


Heutzutage zählt sowohl Heterogenität als auch Hybridität zu den wichtigsten Begriffen unserer Zeit. Heterogenität bezeichnet keine negative Beschaffenheit mehr, die eine homogene Gesellschaft in Stücke zerteilt und in dieser Chaos verbreitet, sondern sie aktiviert vielmehr, als ein wesentlicher Bestandteil der Gesellschaft, unser Wirtschafts- und Kulturleben. Diese Andersartigkeit kommt in der Gesellschaft oft als „Orte“ zum Ausdruck. Die moderne Ethnologie stellt fest, dass primitive Stammgruppen privilegierte, heilige oder verbotene Orte besaßen. Solche heterogenen Orte (Heterotopien) sind laut Michel Foucault in unserer Gesellschaft heute noch als Friedhöfe, Gefängnisse, Irrenanstalten, Sanatorien, aber auch als Museen und Bibliotheken bekannt. Diese „espaces autres“ (andere Orte) sind nicht nur topographisch, sondern auch psychologisch gemeint. Dass sie von den „normalen“ Organisationsformen der Menschen durch Liturgie und Eintrittsrituale getrennt sind, beweist, dass sie im Grunde genommen sprachlich strukturiert sind. An diesen Orten werden Menschen, die von der Norm der Alltagssprache abweichen, von den allgemein anerkannten Denkstrukturen ausgesperrt. Heterogene Diskurse können die Ordnung der Dinge flüssig machen und die etablierte Rede (Kanzleisprache, universitäre Rede, Manifestation, Festrede usw.) verunsichern, um das Jenseitige ins Diesseits hineinzubringen. Sie realisieren auch ästhetische Werte der Sprache (Schönheit, Hässlichkeit, Metapher usw.), erwecken Emotionen (Freude, Zorn, Trauer, Angst usw.) und erschließen andere Welten (Aberglaube, Predigt, Orakel, Jenseitsvision, Liebesbrief usw.), indem sie die Starrheit des homogenen Sprachgebrauchs durchbrechen. Im Mittelalter nehmen deshalb viele Heterotopien (Gotteshaus, Mönchsklausur, Gericht, Gralsburg, Minnegrotte, Abenteuer, Einöde usw.) literarische Gestalt an. Unser Kolloquium beabsichtigt daher zu untersuchen, mit welchen sprachlichen Mitteln mittelalterliche Autoren die „espaces autres“ konzipiert und ihnen kulturhistorische, anthropologische Gestalt verliehen haben.

Prof. Dr. Störmer-Caysa ist seit 2000 Professorin für germanistische Mediävistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Höfische Literatur und Mystikforschung. Sie ist Verfasserin von „Grundstrukturen mittelalterlicher Erzählungen“ (de Gruyter 2007), „Einführung in die mittelalterliche Mystik“ (Reclam 2004) und Herausgeberin der „Kudrun“ (Reclam 2010).

Wir freuen uns auf Ihr Kommen.
Mit freundlichen Grüßen


Germanistisches Seminar der Keio-Universität
Prof. Dr. Yoshiki Koda
Kontaktadresse:koday [Klammeraffe] flet.keio.ac.jp