第58回ドイツ文化ゼミナール開催のご案内(申込締切延長)

第58回ドイツ文化ゼミナール開催のご案内
(申込締切延長)


ご案内が大変遅くなりましたが、標記ゼミナールをドイツ学術交流会(DAAD)との共催で下記の通り開催いたします。発表・討議はドイツ語で行います。参加ご希望の方は2015年12月25日(金)2016年1月22日(金)【申込締切延長】までにEメール(もしくは葉書)で日本独文学会にお申し込みください:

1)Eメールの場合: 下記の申込フォームに必要項目をご記入の上、メールに添付してkulturseminar58@jgg.jpにご送付ください。
⇒【申込フォーム(formular_20151222.xls

上記のリンクでうまく開けない場合はこちらから: http://1drv.ms/1TbCyKc

2)葉書の場合: 裏面に「文化ゼミ参加希望」と朱書の上、氏名、現職(参加費補助の関係上、学部生・院生・非常勤職の方はその旨を明記ください)、住所(漢字・ローマ字併記)、電話番号、メールアドレスをご記入の上、以下の宛先に送付ください。
〒170-0005 東京都豊島区南大塚3-34-6 南大塚エースビル603 日本独文学会

なお、参加は申し込み順に受け付けますが、最終的な選考は理事会にお任せください。


総合テーマ: Zäsuren (詳細は下記Themenbeschreibungをご覧ください)
招待講師: Hendrik Birus教授(Jacobs University Bremen)
会期: 2016年3月13日(日)から3月18日(金)まで
会場: 長野県茅野市リゾートホテル蓼科(旧アートランドホテル蓼科)
http://resort-hotel-tateshina.jp/
参加費: 45,000円(なお、学生・院生・非常勤職の方には参加費補助があります)
定員: 45名程度
申込締切: 2015年12月25日(金)2016年1月22日(金)【申込締切延長】

研究発表希望: ドイツ語による30分程度の発表を希望される方は、題目、内容を簡単に説明する要旨(独文 400語以内)に簡単な履歴を添えて2015年12月25日(金)2016年1月22日(金)【申込締切延長】までに委員会(kulturseminar58@jgg.jp)にお申し出ください。なお、発表者の決定は委員会に御一任願います。

日本独文学会・ドイツ文化ゼミナール実行委員会
Stefan Buchenberger 茅野大樹 Wieland Eins (DAAD)
藤原美沙 糸瀬龍 中丸禎子
斉藤 渉(委員長) Leopold Schlöndorff 土屋京子



Zäsuren – Themenbeschreibung
Nach Aristoteles soll die schönste Tragödie eine „verflochtene“ Handlung haben, in der sich der Umschlag des Schicksals von Glück in Unglück – ein wesentliches Merkmal der Tragödie – mit einer „Peripetie“ verbindet, also mit dem Umschwung dessen, was man tut, in sein Gegenteil. Er führt als Beispiel Sophokles’ König Ödipus an: Der Bote aus Korinth sucht Ödipus auf, um diesen mit seiner Botschaft zu erfreuen. Aber die Nachricht führt Ödipus vielmehr zur schrecklichen Erkenntnis, dass er unwissentlich seinen leiblichen Vater Laios erschlagen und seine eigene Mutter Iokaste zur Frau genommen hatte.
Hölderlin greift diesen Gedanken in modifizierter Form auf, wenn er in seinen Anmerkungen zum Ödipus von „gegenrhythmischer Unterbrechung“ spricht und sie auf das bezieht, „was man im Silbenmaß Zäsur heißt“. Dadurch wird der Begriff Zäsur über die ursprüngliche metrische Bedeutung hinaus zu einem literarischen Gestaltungsprinzip erhoben. Auch Benjamin beruft sich in seinem Essay über Goethes Wahlverwandtschaften auf diese Stelle bei Hölderlin, deren „grundlegende Bedeutung“, nicht nur für die Theorie der Tragödie, sondern auch „für jene der Kunst schlechthin“, nicht erkannt worden sei.
Auf der Basis dieser theoretischen und methodischen Überlegungen soll eine Annäherung an literarische Aneignungen und Ausformungen von Zäsuren erfolgen. Das Schreiben literarischer Texte hat mannigfaltige Anlässe, wobei es sich häufig um einen Bruch in der bestehenden Ordnung handelt, mit dem in der Regel auch der Text beginnt. Oder anders ausgedrückt: Wenn alles beim Alten bliebe, gäbe es keinen Grund, etwas zu erzählen. Diese Brüche oder Zäsuren sind dabei ganz unterschiedlich. Sie stehen mit historischen Zäsuren in Verbindung, sind einschneidende Momente im Leben der Schreibenden, sind per se literarische Wendepunkte oder eine Kombination davon.
Anhand eines sehr konkreten Beispiels sollen schließlich die gewonnenen Erkenntnisse erprobt und angewandt werden. In mehrfacher Hinsicht bietet sich dazu die rund 2000jährige Geschichte der Apokalyptik an: Das apokalyptische Narrativ beinhaltet nicht nur ein teleologisches Geschichtsverständnis, sondern evoziert auch einen neuen Zeitbegriff, indem es Historie in Epochen zergliedert: Das Warten auf die Wiederkehr des Messias, das Tausendjährige Reich, die Errichtung des Neuen Jerusalem. Die Zeitalter werden von einschneidenden Ereignissen getrennt: von der Parusie Christi und dem Harmagedon (Armageddon), der letzten Schlacht zwischen Gut und Böse. Die Gläubigen leben in der Erwartung dieser Brüche, die im Chiliasmus und apokalyptischer Zahlensymbolik ihren Niederschlag finden. Kalendarische Markierungen wie Jahrhundert- und Jahrtausendwenden werden auf diese Weise zu antizipierten Zäsuren in der Geschichte – Kriege, Seuchen und Naturkatastrophen zu ihren äußeren Zeichen. Die eschatologische Erwartungshaltung hat den Säkularisierungsprozess, die fundamentale Zäsur der neuzeitlichen Apokalyptik, überdauert: „Völker, hört die Signale! / Auf zum letzten Gefecht!“, tönt es von der einen Seite, während auf der anderen ein „Tausendjähriges Reich“ mit den Mitteln des Massenmords geplant wurde. Einzig der Rückblick auf die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts lässt die endzeitlichen Erwartungen als Chimäre erkennbar werden, weshalb das endzeitliche Denken im Zeitalter der Postmoderne zur Vorstellung einer Postapokalypse führt.

Das Seminar wird sich voraussichtlich in folgende drei Tagesthemen gliedern:
1. Zäsuren als literarisches Gestaltungsprinzip
2. Zäsuren und deren Niederschlag in der Literatur
3. Historische und literarische Zäsuren am Beispiel der Apokalypse

Herr Prof. Dr. Hendrik Birus ist Professor of Comparative Literature an der Jacobs University Bremen. Er lehrte von 1987 bis 2006 als Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zahlreiche Gastprofessuren, unter anderem an Universitäten in Wien, Rom, Illinois, Indiana, Pennsylvania, Washington und Yale. Seit 2001 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender ihrer Kommission für Neuere deutsche Literatur.

Publikationen (in Auswahl):
- 2009: „Le temps présent est l’arche du Seigneur.“ Zum Verhältnis von Gegenwart, Geschichte und Ewigkeit beim späten Goethe.
- 2007 (Hg. m. S. Donat): Roman Jakobson: Poesie der Grammatik und Grammatik der Poesie: Sämtliche Gedichtanalysen. Kommentierte deutsche Ausgabe, 2 Bde.
- 1999 (Hg. m. S. Donat): Goethe – ein letztes Universalgenie?
- 1999 (Hg.): Johann Wolfgang Goethe: Ästhetische Schriften 1816-1820: Über Kunst und Altertum I-II.
- 1996: „Apokalypse der Apokalypsen. Nietzsches Versuch einer Destruktion aller Eschatologie“, in: Poetik und Hermeneutik XVI: Das Ende. Figuren einer Denkform, hg. v. Karlheinz Stierle u. Rainer Warning, S. 32-58.
- 1995 (Hg.): Germanistik und Komparatistik. DFG-Symposion 1993.
- 1994 (Hg.): Goethe: West-östlicher Divan (2. Aufl.: 2010)
- 1986: Vergleichung. Goethes Einführung in die Schreibweise Jean Pauls.
- 1982: Hermeneutische Positionen: Schleiermacher, Dilthey, Heidegger, Gadamer (jap. Übs. v. Sumio Takeda, Tokyo: Yamamoto Schoten 1987).
- 1978: Poetische Namengebung. Zur Bedeutung der Namen in Lessings „Nathan der Weise“.

Organisationskomitee des 58. Kulturseminars
Stefan Buchenberger Hiroki Chino Wieland Eins (DAAD)
Misa Fujiwara Ryu Itose Teiko Nakamaru
Sho Saito (Vorsitzender) Leopold Schlöndorff Kyoko Tsuchiya