<慶應義塾大学独文学専攻・慶應義塾大学藝文学会>ガブリエレ・デュルベック教授講演会
Freundliche Einladung zum Gastvortrag

von

Prof. Dr. Gabriele Dürbeck (Universität Vechta)
Ozeanismus in Christian Krachts Imperium. Postkoloniale Dekonstruktionen


am Donnerstag, den 5. Juni 2014
Sitzungsraum am 4. Stock des Südgebäudes (南館4階会議室),
Mita-Campus, Keio Universität, Tokyo
Zeit: 16. 30-18.00


Abstract

Die Südsee hat als imaginärer Raum bis in die heutige Gegenwartsliteratur nichts an ihrer Attraktivität eingebüßt. Viele postmoderne Reiseberichte sind als Nachfahrten und Revisionen früherer Reisen in der Kolonialzeit verfasst und versuchen eine Korrektur kolonialgeschichtlicher Narrative. Der Vortrag zeigt, wie Christian Kracht in seinem virtuosen Kolonial-Pastiche die tragische Geschichte des Aussteigers, Plantagenbesitzers, Begründers des Sonnenordens, Lebensreformers, Kokovoren und Nudisten August Engelhardt ins Kuriose und Absurde treibt. Dadurch werden die vermeintlichen Selbstgewissheiten, gewalttätigen Abgründe des deutschen Kolonialismus und seine Auswirkungen bis ins Dritte Reich auf komisch-unterhaltsame Weise ausgestellt. Zugleich wird untersucht, welcher Stellenwert dem Diskursfeld des Ozeanismus (exotistische Stereotype, Geographie, Ethnographie, Missionierung, wirtschaftlich-koloniale Expansion, Sozialdarwinismus) in Krachts Imperium zukommt. Der Roman ist als metafiktionaler Text angelegt, der ausgehend von der Repräsentationskrise der Moderne die eigene Darstellung mit durchgehender Ironie und Komik als dekonstruktiven Akt kenntlich macht. Dabei ist zu fragen, wie sich der unterhaltsam-spielerische und kontrafaktische Umgang mit Geschichte auf die Präsentation des kolonialen Themas auswirkt.

Kurze biobibliographische Information
Gabriele Dürbeck ist seit 2011 Professorin für Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Vechta. Sie ist Autorin von Einbildungskraft und Aufklärung. Perspektiven der Philosophie, Anthropologie und Ästhetik um 1750 (Tübingen 1997) und Stereotype Paradiese. Ozeanismus in der deutschsprachigen Südseeliteratur, 1815-1914 (Tübingen 2007). 2012 hat sie den Special Focus: “Writing Catastrophes: Interdisciplinary Perspectives on the Sem¬antics of Natural and Anthropogenic Disasters” in der Zeitschrift Ecozona. European Journal of Literature, Culture and Environment herausgegeben. Kürzlich ist der von ihr ko-edierte Sammelband Postkoloniale Germanistik. Bestandstaufname, theoretische Perspektiven, Lektüren (Bielefeld: Aisthesis 2014) erschienen. Sie arbeitet derzeit an der Edition der ersten deutschsprachigen Einführung in den Ecocriticism (Köln: utb 2015) und ist Ko-Editorin (mit Dirk Göttsche und Axel Dunker) des Metzler-Handbuches Postkolonialismus und Literatur (2016).
Arbeitsschwerpunkte: Reiseliteratur und Erforschung des Südpazifik, Postkolonialismus, Ecocoriticism (Literatur und Ökologie) und Katastrophenliteratur, Geschichte der Ästhetik und Anthropologie, Postdramatisches Theater

Associate Prof. Dr. Markus Joch (Keio-Universität)
E-Mail: markusjoch(at-mark)gmx.de