Bericht über das 22. DaF-Seminar (N. Kanematsu) [D]   作成日:2017/07/19
Dieses Jahr fand das DaF-Seminar der Japanischen Gesellschaft für Germanistik (JGG) vom 17.bis zum20. März wie gewohnt im schönen Hayama statt.
Das Rahmenthema „Deutsch als zweite Fremdsprache nach Englisch und das Konzept der Mehrsprachendidaktik“ lud ein, sich mit einer aktuellen Problematik in einer globalen Welt auseinanderzusetzen, in der Englisch als erste Fremdsprache gang und gäbe ist. Besonders für Japan ist dies ein bedeutsames Thema, denn hierzulande lernen die meisten Japanerinnen und Japaner Englisch als erste Fremdsprache. Wie kann man diese Tatsache im Unterricht nutzen? Unter anderem mit dieser Frage beschäftigte sich das diesjährige DaF-Seminar, das wie jedes Jahr vom DAAD finanziell unterstützt wurde.

Frau Prof. Dr. Nicole Marx von der Universität Bremen wurde auf Vorschlag des Organisationsteams unter der Leitung von Fujiko Ogasawara als Gastdozentin eingeladen. Ihre Forschungsschwerpunkte sind insbesondere Zweit-, Fremd-, und Tertiärsprachenlernen, mehrsprachige Lehr- und Lernansätze, quantitative empirische Methoden in der Sprachlehr-und -lernforschung und die deutsche Sprachdidaktik im Schwerpunkt DaZ.

35 Kolleginnen und Kollegen von verschiedenen Universitäten und Institutionen ganz Japans hatten sich in Hayama eingefunden, um sich hier gemeinsam fortzubilden und ihre Ideen auszutauschen.

Es ging los am Freitag, 17.03.: Bei bestem Wetter reisten die Kolleginnen und Kollegen an und bezogen ihre Zimmer. Die meisten von ihnen hatten das Glück, ein Zimmer mit Meerblick zu bekommen, sodass sich vor ihren Augen ein wunderschöner Anblick vom Berg Fuji eröffnete. Wer das Glück nicht hatte, der konnte dennoch von der Terrasse in direkter Nähe des Seminarraums die Aussicht genießen.
Nach einem Begrüßungsspiel, in dem wir uns mit den anderen Teilnehmenden bekanntmachten, ging es weiter mit einer Einführung ins Thema. Der Vortrag „Über die Vorteile, die Bühne zu teilen: Deutsch im Kontext anderer Sprachen“ stellte uns die lerntheoretischen Hintergründe der Situation des Tertiärsprachenlernens und konkrete Beispiele der Nutzung von Deutsch als Tertiärsprache (DaT) und Deutsch als Fremdsprache nach Englisch (DaFnE) im Unterricht vor. Dabei integrierte Frau Prof. Dr. Marx Teile der Workshop-Arbeit in den Vortrag, sodass sich Theorie und Praxis abwechselten – so konnten wir trotz der späten Stunde konzentriert arbeiten. Als einen Teil der Praxis haben wir eigene Aufgaben erstellt, die auf DaFnE oder DaT zurückgriffen. Es war sehr lehrreich zu sehen, welche Übungstypen sich hierbei anbieten und welches Wissen man bei den Lernenden voraussetzen kann.

Nach dem Abendessen ging es weiter mit einer Workshop-Phase, in der wir uns mit Lehrwerken, die wir selbst im Unterricht einsetzen, kritisch auseinandersetzten, insbesondere mit Schwerpunkt auf DaFnE / DaT.
Am späteren Abend ging es dann noch in unseren Aufenthaltsraum zu einem gemütlichen Schwätzchen bei kaltem Bier. Hier wurde das eben Gelernte nochmals in kleinen oder großen Grüppchen diskutiert.

Am nächsten Tag, wieder bei herrlichem Wetter und einem fantastischen Ausblick auf den Fuji beim Frühstück, folgte eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse der Lehrwerkanalyse vom Vorabend und direkt im Anschluss die Fortsetzung des Themas vom Vortag mit dem zweiten Vortrag „Lust auf Puzzeln? Sprachen entdecken durch sprachenübergreifendes Lernen“, der auf die Ergänzung des Unterrichts durch sprachenübergreifendes Lernen einging. Dessen Potential für den Unterricht wurde anhand anschaulicher Beispiele sowie praktischer Arbeitsphasen verdeutlicht.
Besonders in Erinnerung blieb mir, dass wir in Gruppen einen längeren Text auf Schwedisch erschließen sollten. Einen Text, von dem ich beim ersten Überfliegen fast nichts verstand und mir schon Sorgen machte, ob das gut gehen würde, haben wir nach genauem Lesen – natürlich ohne Wörterbuch – nur durch die Vorkenntnisse in anderen Sprachen, z.B. unserer Muttersprache oder Englisch, in nur kurzer Zeit fast vollständig verstehen können. Das war sehr beeindruckend und hat unsere Motivation und Wissbegier gesteigert.
Als einen der Höhepunkte der Workshop-Phase haben wir in Gruppen zusammengetragen, was uns aus den vorher erlernten Sprachen beim Erfassen eines Textes helfen kann und wo man eventuell aufpassen müsste. Die Ergebnisse wurden von den Vertretern der einzelnen Gruppen vorgestellt. Weiterhin haben wir uns Aufgaben für den Deutschunterricht überlegt, die sprachenübergreifendes Lernen berücksichtigen. Insgesamt war es ein langer, intensiver, lehrreicher und interessanter Tag mit vielen neuen Eindrücken und Ideen, die wir für unseren eigenen Unterricht mitnahmen.

Am späten Nachmittag gab es noch zwei spannende Teilnehmervorträge. David Fujisawa entführte uns mit seinem Vortrag in die Welt der Phonetik und erklärte, wie man phonetische Bewusstheit und Bewusstmachung in Bezug auf Mehrsprachigkeit sehen kann und welches Potential hier DaFnE / DaT birgt.
Taeko Nasu ging speziell auf die Lage an der Josai International University ein und stellte in diesem Rahmen einige Ansätze zur Entwicklung der deutschen Sprachkompetenz in einem multilingualen und multikulturellen Umfeld vor.

Nach dem Abendessen hatten wir im Forum die Möglichkeit, abseits vom Rahmenthema interessante, neue Lehrmethoden, Applikationen, Spiele usw. kennenzulernen und zu diskutieren, die die Kolleginnen und Kollegen an verschiedenen Stationen vorstellten. Ein entspannter Abschluss, bei dem alle zu Wort kamen und ihre Gedanken austauschen konnten. Einige verabschiedeten sich danach, um ihre Kräfte für den nächsten Tag zu schonen, andere diskutierten wieder bei Bier und Wein im Aufenthaltsraum weiter.

Am nächsten Tag erwartete uns ein besonders spannendes und komplexes Thema zu empirischen- und Interventionsstudien. Zuvor ging Frau Prof. Dr. Marx aber auf unsere Fragen aus den Vortagen ein. Somit blieben offene Fragen nicht unbeantwortet.
Der dritte Vortrag „Forschendes Lehren: Experimente und Experimentieren für Deutschlehrkräfte“ war für einige von uns noch neu, für andere besonders relevant, da sie selbst eine Interventionsstudie planten oder sogar derzeit durchführten. Alle freuten sich darauf, neue Erkenntnisse aus dem Vortrag zu gewinnen, Ideen für die eigene Forschung zu sammeln oder auch Feedback zu erhalten.

Mit einem kleinen Experiment starteten wir ins Thema. Wir mussten uns innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens spanische Vokabeln merken. Einige lernten dabei mit Bildkarten, andere mit Wortlisten. Das sollte uns veranschaulichen, wie ein Experiment geplant und abgehalten wird. Frau Prof. Dr. Marx erläuterte uns die Vorgehensweise beim empirischen Arbeiten und speziell bei Interventionsstudien und ging auf Vorteile und auch Grenzen beim Durchführen von Experimenten ein. In Gruppen erarbeiteten wir uns im Anschluss ein eigenes Design für eine Interventionsstudie, was für alle eine große Herausforderung darstellte. Es war ein Workshop, aus dem wir Anregungen für unsere eigene Forschung schöpfen konnten.

Vor dem Abendessen gab es zwei weitere, interessante Teilnehmervorträge: Maria Gabriela Schmidt stellte die Äußerungen und Reflexionen ihrer Studentinnen und Studenten in Lerntagebüchern zum Erlernen von Deutsch nach Englisch vor.
Im zweiten Vortrag präsentierten vier Vertreter der DSTY(Deutsche Schule Tokyo Yokohama)-Forschungsgruppe, Diana Beier-Taguchi, Nina Kanematsu, Eva Koizumi-Reithofer und Ruben Kuklinski, ihr Projekt an der Deutschen Schule. Ziel des Projekts ist es, anhand der Analyse von Schüler/innentexten positive und negative Besonderheiten beim Schreiben festzustellen und passgenaue Förder-und Unterstützungsmaßnahmen zu entwickeln.

Den Abschluss des Abends machte die langersehnte Abschlussparty, bei der alle bei ausgelassener Atmosphäre köstliche Sushi, frischen Salat oder herzhaftes Fleisch genießen und dazu ein kaltes Glas Bier oder einen guten Wein trinken konnten. Hier entstanden nochmals interessante Gespräche und Diskussionen und man hatte Gelegenheit, mit Frau Prof. Dr. Marx persönlich zu sprechen. Nach den Dankesworten an Frau Prof. Dr. Marx und das JGG-Komitee sowie der feierlichen Überreichung eines Geschenks an Frau Prof. Dr. Marx war der offizielle Teil zu Ende. Weiter gefeiert wurde im 2. Stock, und das bis in die späte Nacht!

Am letzten Tag gab es nochmal eine anregende Abschlussdiskussion, in der offene Fragen diskutiert und geklärt wurden. Jeder hatte hier die Möglichkeit, nochmal seine Gedanken mit einzubringen.

Nach vier arbeitsintensiven und lehrreichen Tagen fuhren wir etwas erschöpft aber voller neuer Ideen und frischer Energie nach Hause. Das 22. DaF-Seminar war erfolgreich zu Ende gegangen.

Nina Kanematsu (Goethe-Institut Tokyo)