Lernerautonomie und die Vermittlung und Erforschung von Lernstrategien (D. Beier-Taguchi)[D]   作成日:2015/09/03
Sehr lange habe ich auf ein Seminar wie dieses gewartet. Nachdem das Thema bekannt war, zögerte ich nicht lange und meldete mich nicht nur als Teilnehmerin, sondern auch als Referentin an. Endlich gab es einen Rahmen, in dem ich mein bisheriges Wissen wiederholen und vertiefen konnte. Aber viel wichtiger war der Aspekt, dass sich bei diesem Seminar auch andere „Lernstrategie-Interessierte/Forschende“ trafen und über ihre Ideen und Projekte sprechen konnten. Sehr gespannt war ich auch auf unsere Gastdozentin Prof. Dr. Nicola Würffel von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich intensiv mit den Themen Lernstrategien, kooperatives Lernen, mediengestütztes Fremdsprachenlernen und –lehren sowie Blended Learning.
Am Nachmittag des 16. März war es dann soweit. Nach einer feierlichen Begrüßung, bei der die bisherigen 19 DaF-Seminare, ihre Themen und Gastdozenten durch Herrn Dr.phil. Tatsuya Ohta von der Nanzan Universität vorgestellt wurden, begann der erste Vortrag mit dem Thema "Vermittlung und Förderung von Lernstrategien". Das war ein Sprung ins kalte Wasser. Wer sich durch die ausführliche Literaturliste zur Vorbereitung des Seminars gekämpft hatte, war eindeutig im Vorteil. Grundlagen zu Strategien und Definitionen von relevanten Begriffen standen hierbei weniger zur Diskussion. Die Teilnehmenden wurden hingegen angeregt, sich mit ihrem eigenen Unterricht auseinanderzusetzen. Praktisch wurde es dann im ersten Workshop. In Gruppenarbeit sollten Aufgaben und Übungen zur Vermittlung und Förderung von Lernstrategien am Beispiel von Lesestrategien, Hörstrategien und Strategien für die Wortschatzarbeit gestaltet werden. Hierfür sollten von uns Teilnehmenden mitgebrachte Lehrwerke zunächst in Hinblick auf die Unterstützung der Einführung oder das Training von Lernstrategien untersucht und die eigene Vorgehensweise im Unterricht erörtert werden. Auf einem Poster stellten wir dann von uns entworfene an das jeweilige Lehrwerk angelehnte Aufgaben zur Strategievermittlung vor. Damit ging der erste Tag zu Ende. Bereits durch diesen ersten Workshop entstanden viele neue Ideen für meinen eigenen Unterricht. Vor allem die Transparenz schien ein wichtiges Thema zu sein. Ich reflektierte darüber, wie transparent die Ziele der Aufgaben in meinem Unterricht sind. Den Studenten von Anfang an darzulegen, warum Strategien vermittelt und bestimmte Aufgaben durchgeführt werden, soll zur Prämisse in meinem Unterricht werden.

Am nächsten Tag lernten wir bei einem zweiten Vortrag mit dem Thema "Erforschung von Lernstrategien am Beispiel von Lesestrategien" zunächst einiges über den geschichtlichen Abriss der Lernstrategieforschung, bedeutende Studien und Forschungsmethoden in diesem Bereich. Dieser Überblick über die wichtigsten Strategien stellte die Grundlage für den Fortlauf des Seminarsund die folgenden Teilnehmervorträge dar. Frau Professor Dr. Würffel stellte uns zudem ihr Forschungsprojekt "Erforschung von Strategien bei Aufgabenbearbeitung in internetgestütztem Selbstlernmaterial" vor, welches die Grundlage ihrer Promotion ist. Im darauffolgenden Workshop "Strategieeinsatz bei der Bearbeitung eines Auszugs aus dem Toefl-Test zur Reading Comprehension" wurden wir Teilnehmenden wieder aktiv. In Partnerarbeit sollten wir verschiedene Methoden zur Einsicht in die Strategieanwendung ausprobieren und über unsere Ergebnisse berichten. So konnten wir selbst erkennen, über welche Vorteile und Nachteile bestimmte Methoden verfügen.

Am Nachmittag fanden die ersten Teilnehmervorträge statt. Die ersten zwei Vorträge befassten sich mit theoretischen Grundlagen und im Bereich der Sprachlernerfahrung beim Englischlernen und daraus resultierenden Strategien, die im Deutschunterricht genutzt werden können. So wurde meinerseits der SILL 7.0 von Prof. Dr. Rebecca Oxford zur Ermittlung von Sprachlernstrategien und im Anschluss meine kontrastive Studie über den Strategieeinsatz japanischer Deutschlernender beim Englisch- und Deutschlernen vorgestellt. Frank Nickel präsentierte nach dem theoretischen Teil seiner Studie selbstentwickelte Aufgabenbeispiele, die auf der Sprachlernerfahrung und daraus resultierenden Strategien basieren.

Am Abend erläuterte unserer koreanischer Gast Frau Professor Hyang-Ki Mi in ihrem Vortrag "Autonomes Lernen bei koreanischen Studierenden" zunächst die derzeitige Situation der Fremdsprachen an koreanischen Universitäten. Danach zeigte sie uns anhand von Videos und verschiedenen Materialien, wie sie den Einstieg in den Deutschunterricht in Anfängerklassen gestaltet. Ihre Ideen und ihr erarbeitetes Material stießen auf reges Interesse und liefertendarüber hinaus Grundlagen für neue Ideen, die in einem weiteren Workshop am nächsten Tag von den Teilnehmenden aufgegriffen und verarbeitet wurden.

Der nächste Tag startete mit dem Kennenlernen von Lern-Apps und internetgestützten Lernmaterialien, welche durch die Gastdozentin und einigen Teilnehmenden vorgestellt wurden. Im Vortrag "Fokus auf Lernstrategien zur Förderung einer Lernerautonomie?" wurde in Gruppenarbeit zunächst ausdiskutiert, was Autonomie eigentlich bedeutet. Im darauffolgenden Vortrag wurde sich u.a. mit Konzepten der Lernerautonomie, Verantwortungsübernahme, der Rolle des Lehrenden sowie demEinsatz digitaler Medien auseinandergesetzt. Im Anschluss sollten in einem Workshop Aufgaben, Unterrichtseinheiten und Konzepte entwickelt werden, welche die Autonomieder Lernenden fördern können (u.a. durch zielgesetzte Strategievermittlung). Die Ergebnisse wurden wiederum auf Poster festgehalten und im Anschluss vorgestellt.

Im letzten großen Teil des Seminars wurden praxisorientierte Teilnehmervorträge zu den Themen "Strategien von Deutschlernenden am Ende des ersten Studienjahres"(Carsten Waychert), "Vermittlung von Lernstrategien: ein Aktionsforschungsprojekt mit Lernenden im zweiten Studienjahr" (Katrin Niewalda und Dr. Ryo Yamao) sowie "Lernenden schrittweise unter Berücksichtigung des GeR Autonomie geben – mit Stimmen aus Unterrichtstagebüchern sowie Selbst- und Peerevaluation"(Dr. Maria Gabriela Schmidt) gehalten.

Am Abend des 18. März fand ein kleines Festessen statt. Hier bot sich ausreichend Möglichkeit, über Gehörtes und interessante Impulse zu diskutieren.

Eine Abschlussdiskussion, welche sehr ergiebig war, beendete das DaF-Seminar 2015. In Kleingruppen sollte zunächst über Forschungsfragen und eventuelle neue Forschungsprojekte diskutiert werden. Im Anschluss kamen die japanischsprachigen und deutschsprachigen Teilnehmer jeweils in einer Gruppe zusammen. Es konnten Fragen gestellt und über Erwartungen sowie neue Ideen gesprochen werden. Danach wurden im Plenum Erkenntnisse aus der Diskussion sowie offene Fragen vorgestellt.

Es war ein sehr intensives, aber auch sehr gut organisiertes Seminar. Gewiss konnten viele Teilnehmende fruchtbare Ideen für ihren eigenen Unterricht mit nach Hause nehmen. Sicher ist auch, dass den meisten Teilnehmenden die Wichtigkeit der Vermittlung von Lernstrategien sowie die Transparenz der Ziele bestimmter Aufgabenformen näher gebracht werden konnte.

Diana Beier-Taguchi (東京外国語大学)