第49回文化ゼミ案内   参照数:6177

2006年7月15日 
 


第49回ドイツ文化ゼミナール(蓼科シンポジウム)開催のお知らせ

標記ゼミナールをドイツ学術交流会(DAAD)との共催で下記の通り開催いたします。発表・討議はドイツ語で行います。参加ご希望の方は,葉書の裏に「文化ゼミ参加希望」と朱書のうえ,氏名,現職,住所(漢字・ローマ字併記),電話番号,メールアドレスをまとめて明記して,日本独文学会にお申し込みください。あるいは上記の項目を記載したメールをkulturseminar49(at)jgg dot jpまでお送りください。(ただしメールでの申し込み受付開始は、9月上旬に発行予定の「ドイツ文学」別冊2006年秋号がお手元に届いてからといたします。)申し込み順に受付けますが,最終的な選考は理事会にお任せください。

葉書申込の送付先:
〒170-0005東京都豊島区南大塚3-34-6 南大塚エースビル501 日本独文学会
注:文中「(at)」は「@」、「dot」は「.」に置換のうえご利用ください。

 


総合テーマ:
   Die Figur des Gastes — weder Feind noch Freund
   (Themenbeschreibungは以下を参照ください)
予定された個別テーマ:  
   1) Die Sprachen des Gastes
   2) Regeln der Gastfreundschaft
   3) Grenzen der Gastlichkeit
   4) Räume des Gastes
招待講師:
   Prof. Dr. Michael Wetzel (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) 
期間:
    2007年3月18日(日)~24日(土)
会場:
   長野県茅野市 アートランドホテル蓼科
参加費:
   50,000円(予定)
予定定員:
   45人
申込締切:
   2006年10月15日
研究発表希望: 30分程度の発表を希望される方は,題目と内容を簡単に説明する文書(A4,1枚、独文)を添えて委員会にお申し出ください。発表者の決定は委員会に御一任願います。なお,専任職をもたない方と学生の方には旅費の補助があります。

日本独文学会・文化ゼミナール


Themenbeschreibung:

Die Figur des Gastes — weder Feind noch Freund

Alltagspraktisch weiß ungefähr jeder, was es heißt, einen Gast zu empfangen, oder umgekehrt, selber bei jemandem Gast zu sein. Unserem modernen Verständnis nach ist der Gast kein bloßer Fremdling; dieser ist einer, der von außen kommt, wie immer man dieses Außen definiert, und dem man, solange er sich nicht gerade in einer Notlage befindet, teilnahmslos begegnen kann, während der Gast den Gastgeber, gewollt oder ungewollt, in Anspruch nimmt und insofern wörtlich ,heim-sucht’. Etymologische Studien zeigen jedoch, dass die beiden Wörter, ,Gast’ und ,Fremdling’, ursprünglich gleichbedeutend waren. Diese Synonymität ist dadurch vergessen worden, dass sich das Bedeutungsfeld des Wortes ,Fremdling’ im Laufe der Zeit verengt hat, um höchstens noch eine abgeleitete und besondere Modalität des ,Anderen’ zu bezeichnen. Das heißt: Wenn dem Fremdling vom Einheimischen Bewirtung oder sonstige Hilfe geleistet wird, so kann er Gast heißen—sonst nicht.

Aber kann dieser Schluss selbst nicht einer modernen Verkürzung aufsitzen, die nur gemäß einer alltäglichen Denkgewohnheit zwischen dem ,Eigenen’ und dem ,Anderen’ ohne weiteres zu unterscheiden pflegt? Ist nicht das farblose Wort ,das/der Andere’ bereits Symptom der modernen Entleerung des inhaltsreichen Begriffs des ,Fremden’ oder des ,Fremdlings’?

Wie wäre es, wenn der Gast ursprünglicher wäre als der bloße Fremdling (oder der Andere, wenn man so will), d.h.: wenn die Ankunft eines Fremden oder die Begegnung mit demselben schon immer eine solche Gastlichkeit verlangt, die—wie die Geschichte Lots von Sodom zeigt (vgl.: 1. Buch Mose 19, 7-8)—nur äußerst schwer zu erweisen ist? In der Tat genoß in den antiken Gesellschaften der Fremdling gewöhnlich gleiche Rechte wie der Einheimische. Beide mussten durch gemeinsame Regeln, d.h. Gastrechte, miteinander verbunden werden, und der Fremde war von vornherein ein Mitspieler im gesellschaftlichen Leben; er war schon immer ,Gast’ im heutigen Sinne, was im griechischen xenos oder im lateinschen hostis zum Ausdruck kommt. (Vgl.: E. Benveniste: Indoeurop. Institutionen.)

Wenn Carl Schmitt sich in seiner Definition des „Begriffs des Politischen“ als Unterscheidung von Freund und Feind davor hütet, den öffentlichen Feind als hostis mit dem privaten als inimicus zu verwechseln, ist er sich des genannten althergebrachten Rechtsstatus des hostis=Gast bewusst. Nicht zu ignorieren ist außerdem, dass das Wort ,Freund’ ursprünglich Blutsverwandte, im Mittelalter genauer die im Haus- oder Landfrieden verbundenen Familien-, Sippen- oder Landgenossen bezeichnete. (Vgl.: O. Brunner: Land und Herrschaft.) Der Gast scheint da sowohl begriffsgeschichtlich als auch institutionell-semantisch mit dem ,Freund’ nichts zu tun zu haben, während der Begriff des Gastes und der des Feindes zwar auseinandergegangen sind, aber im Hinblick auf den Ursprung beider doch zusammenfallen. Der Gast und der Freund sind zweierlei, das heißt auch: Der Gast ist eigentlich dem Feind näher als dem Freund, obwohl dies nicht ausschließt, dass aus dem Gast ein Freund werden kann. So bleibt der Gast bis heute eine zweideutige Figur, die asymmetrisch stets zwischen Feind und Freund schwankt. Die Schwelle bildet die eigentliche Zone, wo der Gast als Figur auftritt, wo sich entscheidet, wer Gast ist. Der Gast ist nicht nur nicht heimisch, sondern bringt stets etwas „Unheimliches“ mit.

Im Seminar wird die Figur des Gastes unter vier Aspekten, die jeweils ein Tagesthema bilden, erörtert:
1) Die Sprachen des Gastes: Namen und Eigennamen, Bezeichnungen für Gast in den verschiedenen Sprachen, historische und kulturelle Differenzen der Gastvorstellung;
2) Regeln der Gastfreundschaft: Gast und Gastgeber/Wirt, Gastgeschenke und Gabe/Tausch, Gastmahl (Symposion), Tisch- und Bettsitten;
3) Grenzen der Gastlichkeit: Freund/Feind, Gewalt/Schuld, unheimliche Gäste (Heimsuchung, guest and ghost), Parasiten;
4) Räume des Gastes: Schwellenüberschreitungen, Migration, prekärer Status des Gastes.


Prof. Dr. Michael Wetzel, geboren 1952, hat Philosophie, Literaturwissenschaft, Linguistik und Erziehungswissenschaft an den Universitäten Bochum und Düsseldorf studiert. 1980 Promotion zum Dr. phil. an der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf mit einer Arbeit über „Autonomie und Authentizität. Untersuchungen zur Konstitution und Konfiguration neuzeitlicher Subjektivität“. 1996 Habilitation am Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität/Gesamthochschule Essen mit einer Arbeit über „Kindsbräute. Motive und Medien einer Männerphantasie“. Seit 2004 Professur für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Medienwissenschaft am Germanistischen Seminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Forschungsschwerpunkte: Literatur und Literaturverfilmung als Intermedialität des Erzählens; Ton - Bild - Text als Gegenstände einer vergleichenden Medienwissenschaft; Geschichte des Autor- und Künstlerbegriffs; Konzepte und Praktiken künstlerischer Kreativität im Zeitalter der Netz- und Hybridmedien; „Männerphantasien“ und „Gender“-Konzepte in literarischen und audiovisuellen Medien.
Publikationen in letzter Zeit: Mignon. Die Kindsbraut als Phantasma der Goethezeit, München 1999. Die Wahrheit nach der Malerei. Literatur - Kunst - Medien, München 1997. Die Grammatologie der Medien. Derrida über Datenverarbeitung, in: Sprache und Literatur 90/2002. Der Autor-Künstler. Von der Wiederkehr eines ästhetizistischen Konzepts in der Kunstpraxis der Gegenwart, in: M. Hellmold/S. Kampmann/R. Lindner/K. Sykora (Hg.): Was ist ein Künstler? Das Subjekt der modernen Kunst, München 2003. Das Bild und das Visuelle. Zwei Strategien der Medien, in: B. Naumann/E. Pankow (Hg.): Bilder-Denken. Bildlichkeit und Argumentation, München 2003.