第53回ドイツ文化ゼミナール開催のお知らせ(締切延長)   参照数:3729
第53回ドイツ文化ゼミナール開催のご案内(締切延長)
ANKÜNDIGUNG DES 53. TATESHINA-SYMPOSIONS
標記ゼミナールをドイツ学術交流会(DAAD)との共催で下記の通り開催いたします。 発表・討議はドイツ語で行います。参加ご希望の方は2010年10月20日までに日本独文学会に葉書もしくはEメールでお申し込みください。 ①葉書の場合:裏に「文化ゼミ参加希望」と朱書のうえ、氏名、現職、住所(漢字・ローマ字併記)、電話番号、メールアドレスをまとめて明記。  宛先(〒170-0005 東京都豊島区南大塚3-34-6 南大塚エースビル501 日本独文学会) ②Eメールの場合:上記の項目を記載したメールを kulturseminar53[atmark]jgg.jpに送る。([atmark]は@)  なお、参加は申し込み順に受け付けますが、最終的な選考は理事会にお任せください。
総合テーマ:Diskurse der Gewalt(詳細は以下のドイツ語による説明Änkündigung des 53. Tateshina-Symposionsをご覧ください。) ◇招待講師:イングリッド・ギルヒャー=ホルタイ教授(ビーレフェルト大学) ◇会期:2011年3月20日から26日まで ◇会場:長野県茅野市 アートランドホテル蓼科 ◇参加費:50,000円 ◇定員:45名程度 ◇申込締切:[d]2010年10月20日[/d]2010年11月20日まで延長 研究発表希望: ドイツ語による30分程度の発表を希望される方は、題目と内容を簡単に説明する文書(A4、1枚、独文)を添えて後日、委員会にお申し出ください。発表者の決定は委員会に御一任願います。なお、学生・院生の方には旅費の補助があります。 Themenbeschreibung Rahmenthema: Diskurse der Gewalt Das Thema »Gewalt« ist heute in Literatur, Kunst und Medien nahezu omnipräsent. Es hat viele Wissenschaftsbereiche − von der Kulturanthropologie und Philosophie über die Soziologie und Ethnologie, die Kultur- und Politikwissenschaft bis hin zur Psychologie und Geschichtswissenschaft − zu Untersuchungen angeregt. Eine fächerübergreifende Definition des Begriffes liegt bislang nicht vor. Etymologisch leitet sich das Wort »Gewalt« von ahd. »waltan« her, dessen ie. Wurzel »val-« die Grundbedeutungen »stark sein, vermögen, herrschen, beherrschen, regieren« einschließt (vgl. Kluge). Hiervon ausgehend kann der Begriff sowohl positiv (gewaltige Wirkung, gewaltige Leistung) als auch neutral (Gewaltmonopol des Staates, Gewaltenteilung) und natürlich pejorativ (Gewalttat, Gewaltverbrechen) verwendet werden. Folgt man der Begriffsgeschichte, hat Gewalt mehrere Dimensionen. Denn die deutsche Sprache unterscheidet im Gegensatz zur lateinischen, englischen und französischen Sprache nicht zwischen potestas und violentia, power/pouvoir und violence, so dass Gewalt einerseits staatliche Gewalt zur Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung, das Monopol staatlicher Gewaltsamkeit, und andererseits Gewalttaten, mithin privat oder politisch motivierte Gewalt, umschreibt, darunter auch Gewalt, die sich gegen das staatliche Gewaltmonopol richtet. Gewalt als Handlungsform steht zudem, wie ebenfalls der Rekurs auf die Begriffsgeschichte zeigt, Gewalt als Strukturprinzip entgegen, mithin Gewalt als Bezeichnung von Gewaltverhältnissen. Es war Karl Marx, der den Gewaltbegriff weitete, indem er der politischen Gewalt des Staates die »materielle« oder »sachliche« Gewalt der gesellschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisse hinzufügte. An diese Gewaltdimension knüpften im 20. Jahrhundert Schriftsteller, Wissenschaftler und Politiker an. So trat 1973 mit dem Aufruf »Hunger ist auch Krieg« Willy Brandt als erster deutscher Bundeskanzler vor die Vereinten Nationen. Seine Worte, orientiert an Johann Galtungs Marx’ Definition aufgreifendem Begriff »strukturelle Gewalt« (vgl. Galtung: Strukturelle Gewalt, 1982), wirkten, wie Günter Grass konstatierte, »so überzeugend, daß ihm spontan Beifall entgegenschlug«. Eine Ausdifferenzierung erfuhr das Konzept einer Gewalt, die in Strukturen – Eigentumsverhältnissen (Marx), ungleichen Machtverhältnissen (Galtung) – eingelagert ist, durch die Konstruktion des Konzepts einer »symbolischen Gewalt« (vgl. Bourdieu: Symbolische Gewalt und politische Kämpfe, 2001). Es bezeichnet eine Gewalt, die durch Sprache, Vorstellungen und Gesten ausgeübt wird sowie durch die Setzung und Durchsetzung von Prinzipen, welche die Wahrnehmung von Herrschaftsverhältnissen steuern und diesen dadurch Akzeptanz und Legitimität verleihen. Diese Gewalt ist symbolisch, »weil sie in der Sphäre der Bedeutung oder, genauer gesagt, des Sinns ausgeübt wird, den die Beherrschten der sozialen Welt und ihrem Platz in dieser Welt geben« (vgl. Gérard Mauger: Über symbolische Gewalt, 2005). Weit davon entfernt, lediglich eine ›geistige‹ Gewalt zu sein, hat die symbolische Gewalt reale Auswirkungen, objektiviert sie sich doch in der Inkorporierung von Herrschaftsverhältnissen in Form von Denk-, Wahrnehmungs- und Klassifikationsschemata. Gewalt kann, last but not least, nicht nur menschlichen Handlungen zugeschrieben werden. So betrachtet das Christentum Gott als Ursprung aller Gewalt (der »gewaltige Gott«) und spricht man von »Naturgewalten«. In der Ästhetik wurde das Erhabene als alles Überragende und Gewaltige definiert (s. Kant, Schiller). Hinsichtlich gewalttätiger Handlungen ist zwischen direkter physischer Gewalt und psychischer Gewalt zu unterscheiden, zwischen instrumenteller und expressiver, individueller und kollektiver Gewalt (z.B. im Faschismus) sowie zwischen Gewalt gegen Sachen und Gewalt gegen Personen. Heinrich Popitz (Phänomene der Macht. 2. Aufl. 1992) bezeichnete Gewalt als »eine Option menschlichen Handelns, die ständig präsent« sei, und Hans Magnus Enzensberger sprach in seinem Bürgerkriegs-Essay (1993) von der »Universalität der Gewalt«. Gewalt als Handlungsform und Strukturprinzip beruht auf Zwang. Gewalt ist die stärkste Form des Zwangs. In unserem Seminar wollen wir dem Phänomen »Gewalt« vor allem anhand von Texten der deutschen Literatur nachgehen und es mit dem Begriffsumfeld »Autorität, Macht, Unterdrückung, Zwang, Aggression, Krieg« etc. verbinden. Hierfür kommen nicht nur moderne Schriften zur Gewalt wie z.B. von Walter Benjamin, Theodor W. Adorno oder Hannah Arendt in Frage, sondern auch literarische Werke aller Jahrhunderte. Für das Mittelalter wäre etwa an die Darstellung der Gewalt in epischen Texten wie dem Rolandslied oder ihre Funktion in Märtyrerlegenden zu denken, für den Barock an ihre Bedeutung in Dramen von Andreas Gryphius oder Daniel Caspar von Lohenstein, in späterer Zeit an die Dramen des Sturm und Drang (Lenz, Klinger, Wagner etc.), an die Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution und die deutsche nationale Bewegung, im 20. Jahrhundert an die literarische Aufarbeitung der beiden Weltkriege (z.B. im Expressionismus, bei Wolfgang Borchert etc.), an die Rolle der Gewalt in der Arbeiterbewegung (z.B. Ernst Toller, Bertolt Brecht), an Texte gegen die Gewaltverherrlichung des Faschismus und gegen den Stalinismus, an die Terrorismusdebatte der 70er Jahre (z.B. Heinrich Böll) oder an das Konzept der Gewaltlosigkeit in der Friedensbewegung. Das Seminar gliedert sich voraussichtlich in folgende vier Tagesthemen: 1. Kriegs-, Revolutions- und Protestszenarien in der Literatur (nicht nur Krieg im eigentlichen Sinne, sondern auch z.B. Krieg der Geschlechter, Krieg der Kulturen, Krieg der Bücher etc.) 2. Gewalt von und gegen Institutionen (z.B. totalitäre Systeme, staatliche Institutionen, Medien etc.) 3. Gewalt in Religion, Familie und Erziehung 4. Ästhetik der Gewalt (z.B. Gewaltdarstellungen in der Kunst, Ikonoklasmus, Gewalt als künstlerisches Ausdrucksmittel etc.) Prof. Dr. Ingrid Gilcher-Holtey ist Professorin für Allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Zeitgeschichte an der Universität Bielefeld sowie assoziiertes Mitglied des Centre de Sociologie Européenne (CSE/EHESS, Paris). Sie ist ferner Mitglied des Beirats Germanistik des DAAD. Auswahlbibliographie: Das Mandat des Intellektuellen. Karl Kautsky und die Sozialdemokratie. Berlin (Siedler) 1985. »Die Phantasie an die Macht«. Mai 68 in Frankreich. Frankfurt a. M. (Suhrkamp) 22001. Die 68er Bewegung. Deutschland – Westeuropa, USA. München (Beck) 2001. Was kann Literatur und wozu schreiben? Das Ende der Gruppe 47. In: Berliner Journal für Soziologie 14 (2004), S.207-229. Eingreifendes Denken. Die Wirkungschancen von Intellektuellen. Weilerswist (Velbrück) 2007. 1968 – Eine Zeitreise. Frankfurt a. M. (Suhrkamp) 2008. Politisches Theater nach 1968. Regie, Dramatik und Organisation. (Hrg. mit Dorothea Kraus u. Franziska Schößler) Frankfurt/M, New York (Campus) 2006. Herausforderungen des staatlichen Gewaltmonopols. Recht und politisch motivierte Gewalt am Ende des 20. Jahrhunderts. Frankfurt a.M. (Campus) 2006. Gewalt im politischen Raum. Fallanalysen von Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert. (Hrsg. mit Neithard Bulst u. Heinz-Gerhard Haupt) Frankfurt/M, New York (Campus) 2008. Organisationskomitee des 53. Tateshina-Symposions: Katrin Dohlus, Takashi Kawashima, Arne Klawitter, Hiroko Masumoto (Komiteeleiterin), Shinji Miyata, Sho Saito, Rie Suga, Yoshikazu Takemine, Dieter Trauden, Yasuo Tsuda.